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Vertragssicherheiten erfolgreich meistern

Die Frage der wirksamen Vereinbarung von Vertragserfüllungsbürgschaften und Gewährleistungsbürgschaften, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbart werden, bewegt die Branche seit Ende der neunziger Jahre und war immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung, zuletzt in zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2017 – Az. VII ZR 170/16 und vom 24.10.2017 – Az. XI ZR 362/15.


Wirksame Vereinbarung einer Vertragserfüllungssicherheit

Der Auftraggeber eines Bauvorhabens hat regelmäßig ein erhebliches Interesse daran, seine Ansprüche aus dem Bauvertrag während der Bauphase abzusichern. Dieses Sicherungsinteresse des Auftraggebers ist durch den Bundesgerichtshof anerkannt und resultiert nach der Auffassung des höchsten Zivilgerichts Deutschlands daraus, dass der Auftraggeber bei einer Insolvenz des Auftragnehmers einen Dritten mit der Vollendung des Bauvorhabens beauftragen muss, wobei dies regelmäßig einen finanziellen Mehraufwand in Höhe von 10 % der Auftragssumme erreicht oder sogar überschreitet. Aus diesem Grund wird es dem Auftraggeber zugestanden, sich in Höhe von 10 % der Auftragssumme einer Bauleistung eine Vertragserfüllungssicherheit geben zu lassen.


Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 09.12.2010 – VII ZR 7/10, Rn. 19; BGH Urteil vom 20.03.2014 – VII ZR 248/13, Rn. 15 = NJW 2014, 1725 mwN.

Es ist jedoch gar nicht so einfach, eine Vertragserfüllungssicherheit wirksam zu vereinbaren. Der Umfang einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme, die auch Gewährleistungsansprüche absichert, wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich dann problematisch, wenn die Vertragserfüllungsbürgschaft auch solche Gewährleistungsansprüche absichert, die erst nach Abnahme der Bauleistungen entstehen. So geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass eine Vertragserfüllungsbürgschaft wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, wenn der Auftraggeber berechtigt ist, die Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme über einen erheblichen Zeitraum nach der Abnahme hinaus zu behalten, der Auftragnehmer auf diesen Zeitraum keinen Einfluss hat und die Vertragserfüllungsbürgschaft Gewährleistungsansprüche absichert, die erst nach der Abnahme entstehen.


BGH Urteil vom 20.03.2014 – VII ZR 248/13 = NJW 2014, 1725; BGH Urteil vom 01.10.2014 – VII. ZR 164/12 = NJW 2014, 3642; BGH Urteil vom 20.01.2015 – VII ZR 120/14 = NJW 2015, 856

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich also, dass eine Sicherungsabrede zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft nicht bereits deshalb unwirksam ist, weil überhaupt ein Zeitraum nach der Abnahme entstehen kann, in welchem der Auftraggeber berechtigt ist, eine Gewährleistungsansprüche absichernde Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten, die einen Umfang von 5 % der Auftragssumme überschreitet.

Von einer Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung ist aber dann auszugehen, wenn die Sicherungsabrede im Ergebnis dazu führt, dass – unter Umständen – ein erheblicher Zeitraum nach der Abnahme der Werkleistung entstehen kann, in welchem der Auftraggeber im Umfang von mehr als 6 % der Auftragssumme für nach der Abnahme entstehende Gewährleistungsansprüche abgesichert ist.


Vgl. BGH, Urteil vom 01.10.2014 – Az. VII ZR 164/12, Rn. 25 = NJW 2014, 3642

Ablösung des Sicherheitseinbehalts oder der Vertragserfüllungsbürgschaft durch eine Gewährleistungsbürgschaft

Auch bei der Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch eine Gewährleistungsbürgschaft nach Fertigstellung des Werkes sind Fallstricke zu vermeiden.

Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30.03.2017 – Az. VII ZR 170/16 nochmals ausdrücklich klargestellt hat, verstößt die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts für die 5-jährige Dauer der Gewährleistungsphase nur dann nicht gegen das Gebot von Treu und Glauben und benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders nicht im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen, wenn der Auftragnehmer die Möglichkeit hat, den Sicherheitseinbehalt in Geld, insbesondere durch eine Gewährleistungsbürgschaft, abzulösen. Wie der Bundesgerichtshof in seinen beiden Urteilen aus dem Jahr 2017 nochmals hervorgehoben hat, muss die Ablösemöglichkeit bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit der Auftragnehmer nicht entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. So ist es nötig, dass dem Auftragnehmer ein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass ihm sein Werklohn nicht sofort ausgezahlt wird, er das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden. Ferner hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30.03.2017 klargestellt, dass eine Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, wenn die Ablösung des Sicherheitseinbehalts zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind. Auch ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.10.2017 eine Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn der Sicherheitseinbehalt für Mängelansprüche nur durch eine formularmäßige selbstschuldnerische Bürgschaft abgelöst werden kann, in der unter anderem auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nach § 770 Abs. 2 BGB verzichtet wird.


Kein angemessener Ausgleich bei Ablösung nur durch die Bürgschaft eines namhaften deutschen Kreditinstituts oder Kreditversicherers

Viel spricht auch dafür, dass eine Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, wenn der Sicherheitseinbehalt durch den Auftragnehmer nur durch die Stellung einer Bürgschaft eines namhaften deutschen Kreditinstituts oder Kreditversicherers oder einer deutschen Großbank abgelöst werden kann. Denn vor allem ausländische Auftragnehmer haben dann kaum eine Möglichkeit eine Gewährleistungsbürgschaft eines namhaften deutschen Kreditinstituts oder einer deutschen Großbank zu erhalten oder zumindest nicht zu vertretbaren Bedingungen. Aber auch für deutsche Auftragnehmer wird durch eine solche Klausel die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft durch die Volksbanken und Sparkassen, die die Ansprechpartner für den Mittelstand sind, ausgeschlossen. Aus diesem Grund hat bereits das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 03.08.2007 – Az. 39 O 70/05 entschieden, dass eine solche Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam ist. Heute ist dies noch von ungleich höherer Relevanz, sieht § 17 Abs. 2 VOB/B doch vor, dass die Bürgschaft auch durch ein ausländisches Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden kann, sofern das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer in der europäischen Gemeinschaft, in einem Staat der Vertragsparteien des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Staat der Vertragsparteien des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zugelassen ist.

Gerne überprüfen wir, ob Sie als Auftraggeber in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine rechtsichere Klausel verwenden, durch welche Sie mit Ihrem Auftragnehmer wirksam die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft und nach Ende der Bauphase wirksam die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft vereinbaren.

Für Sie als Auftragnehmer überprüfen wir gerne, ob Sie nach Fertigstellung Ihres Gewerkes für fünf Jahre eine geforderte Sicherheit in der Form von Geld oder als Gewährleistungsbürgschaft tatsächlich stellen müssen.

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